Für den ALLGEMEINEN ANZEIGER Erfurt sprach Sibylle Reinhardt mit M.B. am 14. 10.2007

Was hat vor gut 30 Jahren im studierten Kybernetiker die Liebe fürs Theater geweckt?
Ich arbeitete damals in einem Großbetrieb als Systemanalytiker IV - so hieß die "Planstelle" - und spielte nebenbei Laienkabarett. So lernte ich Theaterleute kennen - die schienen mich zu brauchen, während mein Großbetrieb mich trockenen Augs ziehen ließ.


Verlief Ihr Kadergespräch, heute sagt man Casting, ähnlich wie im Buch beschrieben?
Ja - auf einer Parkbank. Es war wirklich wie die Schülerszene aus "Faust I".

Das war Mitte der 70er Jahre. Haben Sie sich damals Notizen gemacht oder ist ihr Gedächtnis so famos?
Ob mein Gedächtnis famos ist, weiß ich nicht. Ich habe halt eines. Im übrigen hatte ich vor dem Roman ein Radio-Feature für den MDR über diese Zeit geschrieben - und dazu damals Beteiligte befragt.
 

Das beschriebene Provinztheater und der damalige Oberspielleiter lassen sich für Thüringer Kulturkenner leicht entschlüsseln...
Gewiß doch.

Stimmt es, dass die spannendsten Inszenierungen hinter den Kulissen spielen?
Nur gelegentlich - sehr oft ist auch das wirkliche Theater spannend - aber es gibt zu wenige Leute, die das überprüfen wollen und dann in unsere Theater gehen. Oder warum hat man das Landestheater Eisenach so sang- und klanglos untergehen lassen?

Es wurde auch denunziert. Sie lassen IM Linse und IM Spartakus die Geschehnisse aus Spitzel-Sicht rekapitulieren. Nur ein stilistisches Mittel?
IM-VL "Ernst Linse" gab es, IM "Spartakus", IM "Kumpel", IMB "Filmsternchen" usw. sind Erfindungen. Ganz real existierten aber IME "Buche", IMS "Volker Braun", IM "Camillo", GMS "Ute", IMS "Kurt", IM "Uwe Wagner", Quelle "Jana", IM "Hardy", IMS "Richter", IMS "Holger Carstens", VIM "Rosa", IMS "Regina", IMV "Peter", VIM "Götz", Quelle "Maria", GMS "H. Wendland", IM "Harra", gez. "Hans Blume", KP "Irene" und viele (geschwärzt). Die mir beim Schreiben hilfreichen und heute begrenzt zugänglichen, einst geheimen Vorgänge (OAM, OV,) hießen nicht "Komödiant" wie im Roman, sondern "Radio" "Pegasus", "Schreiber" und "Touristik".

Sehen Sie sich als N(O)stalgiker?
Nein. Aber ich erinnere mich gelegentlich wehmütig an Theater-Aufführungen.

Gerade läuft in Rudolstadt die "Aktion Theatersessel". Haben Sie schon einen erworben?
Ja. Mein Sohn, obwohl weit weg in Ulm wohnend, hat auch einen gekauft.

Wagen Sie einen Ausblick auf die Theaterzukunft?
Die steht im Roman als "Große Pause".