Vor 23 Jahren erschienen
Satiren und Grotesken von Biskupek im Eulenspiegel-Band "Meldestelle
für Bedenken"; es war sein erstes Buch, erfreulicherweise nicht sein
letztes. Der Titel ist so programmatisch wie "Veröffentlichtes
Ärgernis" (1987).
Dieser in Chemnitz geborene, in Rudolstadt und Berlin ansässige, seiner
Reiselust wegen nicht ausgesprochen seßhafte Zeit- und
Narrenzeit-Kritiker verursacht keine hier bekannten Ärgernisse. Er
veröffentlicht sie, hängt sie an die verfügbaren großen und kleinen
Glocken. Ein Alarm-Glöckner von Notre-Democratie. Ob er die Ärgernisse
aus der Welt schaffen kann, weiß kein Satiriker. Dem großen Karl Kraus
hat ein Leben lang die Dummheit in der Presse keine Ruhe gelassen. So
ließ er in seinen Polemiken dieser Dummheit keine Ruhe. Erfolg: Null.
Dennoch hat er alle des Lesens Kundigen vor dem "Untergang der Welt
durch schwarze Magie" gewarnt.
Immerhin.
Gegen Matthias Biskupek, die zweibeinige Meldestelle für Bedenken, habe
ich kein Bedenken, allenfalls dies: er ist womöglich ein bißchen zu fleißig (was ich für'n bißchen ungesund halte). Indes
schriebe er weniger, könnten wir uns nicht an seinem neuen
geistreichen, teils heiteren, teils melancholischen Buch "Horrido,
Genossen!" erfreuen. Gerade in der Epoche der systematischen
Gehirn-Austrockung (vgl. Antwort an Friede Springer, Ossietzky 8/04) ist dieses
Kompendium intelligenten und fantasievoll-poetischen Humors ein
trostreiches Vademekum, das jeder von der Stickluft großer historischer
Zeiten, von Medien-Mief und Phrasen-Staub bedrohte Mitmensch bei sich
haben sollte. Der handliche Band mit den großartigen Vignetten von Ioan
Cozacu paßt in alle Jacken- oder Handtaschen und ermöglicht jedermann,
sich in Bahn-Abteilen, Warte-Zimmern aller Art, an Haltestellen,
Schaufenstern oder in Museen, Theater-Foyers und Bier-Lokalen mit einer
der bekömmlich kurzen Geschichten, Fabeln, Märchen, Miniaturen
nachhaltig zu erfrischen. Ich nenne hier nur die guten Prosastücke
"Föhn", "Eiserne Pfanne", "Im Zuge der Zeit", "Heimatabend oder
Fidschis Nachtgesang" und nenne absichtlich keine anderen Titel, weil
die dazugehörigen Texte wahrscheinlich noch besser sind. Lothar Kusche
Matthias Biskupek: "Horrido,
Genossen!", Eulenspiegel Verlag, 144 Seiten, 7,90 Euro